Liebes Tagebuch,
heute, am 29. Januar 2025, unternahmen die Klasse 9c und ich eine spannende Exkursion. Im Rahmen unseres Wirtschafts- und Rechtsunterrichts besuchten wir das Sömmerdaer Amtsgericht, um eine Strafgerichts-Verhandlung zu beobachten und unser theoretisches Wissen in der Praxis zu festigen. Begleitet wurden wir von Frau Castellanos-Ehrenberger und Frau Ludwig, die uns bereits im Vorfeld auf diesen besonderen Ausflug vorbereitet hatten.
Die erste Verhandlung, die wir um 9 Uhr verfolgten, drehte sich um den Vorwurf des Diebstahls von Lebensmitteln im Supermarkt gemäß §242 StGB. Der Diebstahl wurde mithilfe eines Trollis begangen, der auch als Tatmittel diente. Da der Angeklagte nicht zur Verhandlung erschien, wurde ein Strafbefehl erlassen, der eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 € vorsah. Um 11 Uhr durften wir eine weitere Verhandlung begleiten. In dieser Verhandlung ging es um M.D., dem Körperverletzung und Bedrohung zur Last gelegt wurden. Der Richter leitete die Verhandlung ein, bei der M.D. zu seiner Person befragt wurde – Name, Alter, Beruf, Familienstand und Anschrift wurden in das Protokoll aufgenommen. Der Staatsanwalt verlas die Anklageschrift, die Körperverletzung eines
7-jährigen Jungen gemäß §223 StGB Abs. 1 und Bedrohung durch Textnachrichten gegenüber seiner Exfreundin gemäß §241 StGB Abs. 2, beinhaltete. Die Richterin informierte den Angeklagten darüber, dass er das Recht habe zu schweigen, vor Gericht jedoch die Pflicht habe, die Wahrheit zu sagen. Bei der Beweisaufnahme wurden 21 Einträge im Bundeszentralregister festgestellt. Es war nicht erforderlich, dass Zeugen ihre Aussagen machten, da die Beweise und die Einträge im Bundeszentralregister ausreichten, um den Fall zu beurteilen. M.D. bestritt die Vorwürfe der Körperverletzung des Jungen, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde, gab jedoch die Bedrohung per Textnachrichten zu. Der Staatsanwalt forderte aufgrund der Vorstrafen des Angeklagten eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten mit einer Bewährungszeit von 3 Jahren sowie gemeinnützige Arbeit. Der Angeklagte führte zugunsten seiner Verteidigung an, dass er unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol stand, als er die bedrohlichen Nachrichten verfasste. Beim letzten Wort betonte M.D., dass er seine Mutter pflegen müsse. Nach einer kurzen Urteilsberatung von 10 Minuten verkündete das Gericht das Urteil: eine Freiheitsstrafe von 7 Monaten unter 2 Jahren Bewährung und 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit innerhalb eines Jahres. Die gesamte Verhandlung dauerte etwa 55 Minuten.
Es war mein erster hautnaher Besuch bei einer Gerichtsverhandlung und ich muss sagen, es war eine sehr beeindruckende und lehrreiche Erfahrung. Die strikte Struktur des Verfahrens, die präzise Formulierung der Anklageschrift und das sorgsame Abwägen von Beweisen haben mir einen tiefen Einblick in das Justizsystem gegeben. Besonders beeindruckend war, wie sowohl die Rechte des Angeklagten als auch der Schutz der Opfer gewahrt wurden.
Interessanterweise konnte ich viel Wissen aus dem Unterricht anwenden, was mir half, die verschiedenen Schritte und Fachbegriffe besser zu verstehen. Es war faszinierend zu beobachten, wie die Theorie aus dem Klassenzimmer in der Praxis umgesetzt wird.
Bis zur nächsten aufregenden Exkursion, deine Charlotte Zabel!